Hautjucken ohne sichtbaren Ausschlag
Pruritus (Juckreiz) kann eine außerordentlich missliche Empfindung sein. Er stellt eine der primären Motivationen dar, aus denen ein Dermatologe konsultiert wird.
Das Kratzen bietet eine temporäre Linderung des Juckgefühls. Allerdings birgt es die Gefahr, die Haut zu schädigen, was wiederum zu einem verstärkten Juckreiz (im Teufelskreis des Juckens und Kratzens) oder zu einer Sekundärinfektion führen kann. Mit der Zeit kann sich die Haut verdicken und schuppig werden, ein Zustand, der als Lichenifikation bekannt ist.
Ursachen für Juckreiz
Der Pruritus kann auf folgende Ursachen zurückgeführt werden:
Dermatologische Leiden
Erkrankungen innerer Organe (systemische Erkrankungen)
Neurologische Störungen
Psychische Erkrankungen
Arzneimittel, Medikamente und chemische Substanzen
Bei vielen Hauterkrankungen und systemischen allergischen Reaktionen ist Histamin die treibende Kraft hinter dem Juckreiz. Histamin ist eine körpereigene Substanz, die in Mastzellen gespeichert wird und eine Schlüsselrolle bei allergischen Reaktionen spielt. Mastzellen sind integraler Bestandteil des Immunsystems. Wenn Mastzellen durch verschiedene Allergene stimuliert werden, kommt es zur Freisetzung von Histamin. Die Ausschüttung von Histamin in den Blutkreislauf kann eine Vielzahl von Symptomen hervorrufen, darunter Juckreiz und Entzündungen. Darüber hinaus sind diverse andere körpereigene Chemikalien, wie Proteasen und Zytokine, maßgeblich an der Entstehung von Juckreiz beteiligt.
Die überwiegendste Ursache von Pruritus sindermatologische Zustände:
Mehrere systemische Leiden können Juckreiz hervorrufen, ohne dass sichtbare Hautveränderungen wie ein Ausschlag auftreten. Systemische Erkrankungen sind jedoch seltener Ursachen für Juckreiz als primär kutane Probleme.
Einige der häufigsten systemischen Auslöser für Juckreiz umfassen:
Weniger verbreitete systemische Ursachen beinhalten Leukämien und Lymphome (Krebs der Blutzellen).
Eine Reizung sensorischer Nerven, beispielsweise durch Kompression eines Nervs, kann zu Juckreiz in dem vom betreffenden Nerv versorgten Körperbereich führen. Umgekehrt können bestimmte Erkrankungen, die das Nervensystem betreffen, einen weit verbreiteten (generalisierenden) Juckreiz verursachen, da die Juckneuronen (spezielle Nervenzellen) überaktiv sind oder eine reduzierte Hemmung durch andere Neuronen erfahren. Bei Multipler Sklerose beispielsweise ist die Nervenleitung durch einen Autoimmunprozess beeinträchtigt, bei dem das Immunsystem die isolierende Fettschicht (Myelin) um die Nervenfasern angreift. Dies führt zu einer verminderten Hemmung der Juckneuronen und somit zu einer erhöhten Aktivität. Juckreiz, der auf Erkrankungen des Nervensystems zurückzuführen ist, wird als neuropathischer Juckreiz bezeichnet.
Bei Personen mit bestimmten psychischen Erkrankungen kann Juckreiz auftreten, für den keine organische Ursache identifiziert werden kann. Dieser Pruritus wird als psychogener Juckreiz klassifiziert.
Medikamente, sowohl innere als auch äußerlich angewendete Präparate sowie chemische Substanzen, können Juckreiz hervorrufen. In den meisten Fällen ist eine allergische Reaktion die Ursache.
Bestimmte Arzneistoffe wie Morphin und einige Kontrastmittel, die bei radiologischen Untersuchungen eingesetzt werden, können Juckreiz ebenfalls auslösen, jedoch ohne eine allergische Komponente.
Diagnostik von Juckreiz
Nicht jeder Juckreiz erfordert eine sofortige ärztliche Abklärung. Die nachfolgenden Informationen sollen Aufschluss darüber geben, wann ein Arztbesuch ratsam ist und welche Erwartungen an die Untersuchung gestellt werden können. Oftmals verbirgt sich hinter Juckreiz keine besorgniserregende Ursache.
Folgende Symptomkonstellationen können jedoch auf eine gravierende zugrundeliegende Ursache hindeuten:
Ungewollter Gewichtsverlust, allgemeine Abgeschlagenheit oder nächtliche Schweißausbrüche könnten auf eine ernsthafte Infektion oder einen Tumor hinweisen.
Gefühle von Schwäche, Taubheitsgefühle oder Kribbeln können Anzeichen für eine Fehlfunktion des Nervensystems sein.
Bauchschmerzen oder eine gelbliche Verfärbung der Haut und Augen (Ikterus) könnten Indikatoren für eine Erkrankung der Gallenblase oder Leber sein.
Übermäßiger Durst, eine ungewöhnlich hohe Urinabgabe und Gewichtsverlust können auf Diabetes mellitus hindeuten.
Personen, die ungewollten Gewichtsverlust, Mattigkeit oder nächtliche Schweißausbrüche bemerken, sollten so rasch wie möglich einen Arzt aufsuchen.
Individuen, die andere Warnsignale aufweisen oder unter starkem, anhaltendem Juckreiz leiden, sollten umgehend medizinische Hilfe in Anspruch nehmen.
Mediziner werden zahlreiche Fragen stellen und die Haut gründlich inspizieren. Häufig ist eine vollständige Entkleidung erforderlich, um die gesamte Hautoberfläche untersuchen zu können.
Wenn die äußere Hautinspektion keine eindeutige Ursache aufdeckt, kann der behandelnde Arzt eine umfassende körperliche Untersuchung zur Abklärung systemischer Ursachen durchführen. Zur exakten Diagnose spezifischer systemischer Leiden und manchmal auch dermatologischer Zustände kann eine Reihe von diagnostischen Tests notwendig sein.
Wenn der Juckreiz den gesamten Körper betrifft und kurz nach der Einnahme eines Arzneimittels oder Medikaments auftritt, könnte die betreffende Substanz die Auslöser sein. Ist der Juckreiz (begleitet von einem Ausschlag) auf eine Stelle lokalisiert, die mit einer bestimmten Substanz in Berührung kam, insbesondere wenn diese Substanz dafür bekannt ist, Kontaktdermatitis zu verursachen, ist diese Substanz höchstwahrscheinlich die Ursache. Dennoch kann es schwierig sein, die allergenen Auslöser für einen diffusen Juckreiz zu identifizieren, da Betroffene oft eine Vielzahl von Nahrungsmitteln konsumiert und zahlreichen potenziellen Allergenen ausgesetzt waren, bevor das Juckgefühl einsetzt. Ähnlich schwierig gestaltet sich die Identifizierung eines spezifischen Medikaments, das die Reaktion auslöst, wenn die Person mehrere verschiedene Arzneistoffe einnimmt. Manchmal wurde das ursächliche Medikament, das die Reaktion hervorrief, Monate oder sogar Jahre vor dem Einsetzen der Symptome eingenommen.
Die meisten Ursachen für Juckreiz lassen sich ohne spezifische Tests diagnostizieren. Ist die Diagnose einer Hautauffälligkeit aufgrund ihres Erscheinungsbildes und der Krankengeschichte der Person nicht eindeutig, kann die Entnahme einer Hautprobe (Biopsie) zur weiteren Analyse erforderlich sein.
Falls die Ursache des Juckreizes eine allergische Reaktion zu sein scheint, die verantwortliche Substanz jedoch nicht eindeutig identifiziert werden kann, können Hauttests notwendig werden. Bei Hauttests werden potenziell allergieauslösende Substanzen in Form eines Pflasters (sogenannter Patch-Test) auf die Haut aufgetragen.
Wenn weder eine allergische Reaktion noch eine Hauterkrankung als Ursache in Frage kommt, werden je nach den spezifischen Symptomen der betroffenen Person weitere spezifische Tests durchgeführt. Dies kann beispielsweise die Untersuchung auf Gallenblasen- oder Lebererkrankungen, chronische Nierenerkrankungen, Schilddrüsenfunktionsstörungen, Diabetes oder Krebs umfassen.
Therapie des Juckreizes
Hautpflege
Topische Behandlungen
Systemische Behandlungen
Der wichtigste Aspekt bei der Behandlung von Juckreiz ist die Beseitigung der zugrundeliegenden Ursache. Ergänzend dazu können diverse unterstützende Maßnahmen zur Linderung des Juckgefühls beitragen.
Bei Juckreiz infolge trockener Haut sind Änderungen der Hautpflegeroutinen oft äußerst effektiv. Trockenheit wird häufig durch übermäßiges Baden und Waschen verursacht. Anpassungen der Hautpflege beinhalten ein reduziertes Bade- oder Waschfrequenz, die Verwendung von lauwarmem anstelle von heißem Wasser und den Einsatz milder Seifen.
Intensives Reiben trockener Haut sollte vermieden werden; nach dem Baden oder Waschen sollte eine feuchtigkeitsspendende Creme aufgetragen werden.
Darüber hinaus kann das Befeuchten der Raumluft (insbesondere im Winter) sowie das Vermeiden von Wolle als Bekleidung hilfreich sein.
Topische Behandlungen sind Applikationen, die direkt auf die Haut aufgetragen werden, wie Cremes und Lotionen. Die meisten topischen Therapien zielen darauf ab, die zugrundeliegende Ursache des Juckreizes zu behandeln. Ein Arzt kann beispielsweise Patienten mit entzündeten Hautpartien, bedingt durch atopische Dermatitis oder Kontaktdermatitis, eine Kortikosteroid-Creme verschreiben.
Cremes, Lotionen und Salben mit Kortikosteroiden sollten nur bei entzündeter Haut, beispielsweise bei Vorliegen eines Ausschlags, angewendet werden. In folgenden Fällen ist ihre Anwendung in der Regel nicht ratsam:
Infizierte Hautstellen
Vorhandensein einer Infestation (Befall)
Vorliegen einer systemischen Ursache
Zur Linderung von Juckreiz, der nicht auf eine spezifische Ursache zurückzuführen ist, können auch topische Anwendungen mit kühlenden oder reizlindernden Wirkstoffen wie Menthol, Kampfer, Pramoxin oder Capsaicin zum Einsatz kommen. Präparate, die das Antihistaminikum Diphenhydramin oder das Lokalanästhetikum Benzocain enthalten, werden nicht empfohlen.
Die Bestrahlung mit ultraviolettem Licht, entweder in ärztlicher Praxis oder zu Hause (Phototherapie), kann oft eine Linderung bei juckenden Hauterkrankungen bewirken. Auch bei Juckreiz ohne Hautausschlag, der durch verschiedene zugrundeliegende Erkrankungen verursacht wird, ist diese Methode oft wirksam, wenn andere Behandlungen versagen.
Systemische Behandlungen umfassen oral einzunehmende oder injizierbare Medikamente. Diese werden eingesetzt, wenn der Juckreiz generalisiert ist oder wenn topische Therapien nicht die gewünschte Wirkung erzielen.
Antihistaminika, insbesondere Hydroxyzin, sind die am häufigsten verwendeten Präparate. Einige Antihistaminika wie Cyproheptadin, Diphenhydramin und Hydroxyzin führen zu Sedierung. Sie tragen zur Linderung des Juckreizes bei und fördern den Schlaf, wenn sie vor dem Zubettgehen eingenommen werden.
Ein ausreichender Schlaf ist essenziell, da starker Juckreiz die Schlafqualität beeinträchtigen und das allgemeine Wohlbefinden erheblich mindern kann. Aufgrund der potenziellen Sedierungswirkung werden diese Medikamente üblicherweise nicht tagsüber verabreicht. Zudem sollten sie bei älteren Menschen mit Vorsicht und Bedacht eingesetzt werden, da diese einer erhöhten Sturzgefahr ausgesetzt sind. Cetirizin und Loratadin verursachen weniger Schläfrigkeit, können aber in seltenen Fällen bei älteren Patienten dennoch eine sedierende Wirkung entfalten. Fexofenadin ist ebenfalls mit geringerer Schläfrigkeit verbunden, kann aber gelegentlich Kopfschmerzen verursachen. Doxepin führt zu ausgeprägter Müdigkeit, ist jedoch sehr wirksam, weshalb es bei starkem Juckreiz vor dem Schlafengehen eingenommen werden kann.
Cholestyramin wird zur Behandlung von Juckreiz eingesetzt, der durch Erkrankungen der Gallenwege oder der Leber bedingt ist. Allerdings weist Cholestyramin einen unangenehmen Geschmack auf, kann Verstopfung verursachen und die Aufnahme anderer Medikamente beeinträchtigen.
Gabapentin, ein Antiepileptikum, kann zur Linderung von Juckreiz bei chronischer Niereninsuffizienz eingesetzt werden, kann aber ebenfalls zu Schläfrigkeit führen.
Kernpunkte der Behandlung
Juckreiz kann durch eine Vielzahl von Ursachen ausgelöst werden, und jede Ursache erfordert eine spezifische Behandlungsstrategie.
Bei Fehlen eines Ausschlags oder Hautauffälligkeiten kann die Ursache in einer systemischen Störung, einem neurologischen Problem oder einer Reaktion auf Medikamente oder Chemikalien liegen.
Hautpflegemaßnahmen wie eingeschränkte Bäder, Hautfeuchtigkeit und Luftbefeuchtung helfen, Juckreiz zu lindern, wenn dieser durch trockene Haut bedingt ist.
Juckreiz lässt sich in der Regel sowohl durch topische als auch durch systemische Therapien erfolgreich behandeln.