Kosten für Angehörige in Seniorenheimen
Wenn das Geld der Eltern im fortgeschrittenen Alter für die Unterbringung in einem Heim nicht ausreicht, fordert der Staat von Nachkommen mit höherem Einkommen und Vermögen einen Beitrag. Dieser Artikel beleuchtet die Umstände und den Umfang, in dem Sie zur Finanzierung der Pflegekosten Ihrer Eltern herangezogen werden können.
Sind Kinder generell zur Zahlung der Elternpflege verpflichtet?
Nein, seit Beginn des Jahres 2020 sind Söhne und Töchter nur noch dann verpflichtet, Unterhalt für ihre pflegebedürftigen Eltern zu leisten, wenn ihr jährliches Bruttoeinkommen den Betrag von 100.000 Euro übersteigt. Diese Einkommensschwelle wurde durch das Angehörigen-Entlastungsgesetz eingeführt.
Das bedeutet konkret: Wenn Ihre Eltern pflegebedürftig sind und ihre Pflegekosten nicht eigenständig decken können, kann es vorkommen, dass die zuständige Sozialbehörde Sie auffordert, Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse offenzulegen. Voraussetzung hierfür ist, dass Anhaltspunkte für ein derartiges hohes Einkommen bestehen (was beispielsweise durch die Art Ihres Berufs bedingt sein kann).
Hinweis: Sollte die genannte jährliche Bruttogrenze nicht erreicht werden, entfällt auch die Verpflichtung, aus vorhandenem Vermögen Unterhalt zu leisten.
Wer profitiert von dieser Entlastung?
Diese neue Regelung, die von einem Jahreseinkommen von über 100.000 Euro ausgeht, findet Anwendung für:
- Kinder, die ihren pflegebedürftigen Eltern Unterhalt leisten müssen (elterlicher Unterhalt)
- Eltern, die ihren pflegebedürftigen Kindern Unterhalt gewähren müssen (Ausnahme: minderjährige Kinder, die staatliche Unterstützung zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII erhalten)
Die Regelung ist jedoch nur dann gültig, wenn die pflegebedürftigen Eltern oder Kinder die Kosten nicht aus eigener Kraft tragen können und Leistungen nach dem SGB XII beziehen (gemäß § 94 SGB XII).
Wichtiger Hinweis: Die Sozialämter dürfen nur Kinder in die Pflicht nehmen, nicht aber deren Nachkommen (Enkelkinder). Ebenso sind Geschwister, Cousins, Cousinen sowie Onkel und Tanten nicht verpflichtet, füreinander finanziell einzustehen.
Für wen gilt das Angehörigen-Entlastungsgesetz nicht?
Das Gesetz, das die 100.000-Euro-Grenze festlegt, ist nicht anwendbar, wenn sich Ehepartner gegenseitig Unterhalt schulden. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein pflegebedürftiger Partner in ein Pflegeheim zieht, während der andere Partner weiterhin zu Hause lebt. In einer solchen Konstellation muss der verbleibende Ehe- oder Lebenspartner zu den Heimkosten beitragen.
Wer ist zur Zahlung von Elternunterhalt verpflichtet?
Wenn die Rente, das eigene Vermögen sowie die Leistungen aus der gesetzlichen und privaten Pflegeversicherung nicht ausreichen, um die Kosten für das Pflegeheim oder ambulante Pflegedienste selbst zu decken, tritt zunächst das Sozialamt ein und legt die Ausgaben vor. Sollten die Kinder über ein beträchtliches Einkommen verfügen, fordert die Behörde die Kosten anschließend von ihnen zurück. Folglich sind es in den meisten Fällen nicht die Eltern selbst, die ihren Anspruch auf Elternunterhalt geltend machen, sondern die Sozialhilfeträger.
Dies ist dem Sozialamt jedoch nur gestattet, wenn das jährliche Bruttoeinkommen des Kindes die Marke von 100.000 Euro überschreitet.
- Die Sozialbehörde darf nur von Personen Unterhaltszahlungen einfordern, deren jährliches Bruttoeinkommen mindestens 100.000 Euro beträgt und die in erster Linie mit dem Hilfebedürftigen verwandt sind (dies schließt ausschließlich Eltern und Kinder ein).
- Schwiegerkinder sind nicht mit ihren Schwiegereltern verwandt und somit auch nicht zur Leistung von Unterhalt verpflichtet.
- Sollte mindestens ein Kind ein Jahreseinkommen von über 100.000 Euro erzielen, wird die Höhe des Unterhalts nach maßgeblichen Richtlinien, wie beispielsweise der Düsseldorfer Tabelle, ermittelt.
- Sollten die Eltern trotz der potenziellen Unterhaltszahlungen ihrer Kinder weiterhin finanzielle Mittel für ihre Pflege benötigen, kommen diese Kosten weiterhin vom Sozialamt.
Elternunterhalt: Jede Regel hat ihre Ausnahme
Wenn die Eltern sich durch sogenanntes schwerwiegendes Fehlverhalten gegenüber dem Kind schuldig gemacht haben, reduzieren sich ihr Unterhaltsanspruch bis hin zum Totalverlust. Insbesondere in Zeiten, in denen sie noch die Verantwortung für das Kind trugen, können solche Verfehlungen relevant sein. Dazu zählen beispielsweise Vorfälle von Missbrauch oder grober Vernachlässigung - ein abgebrochener Kontakt allein reicht jedoch in der Regel nicht aus.
Was zählt zum "Jahresbruttoeinkommen"?
Zu Ihrem Einkommen kann unter Umständen mehr als nur Ihr Gehalt oder Arbeitseinkommen gehören. Das Gesamteinkommen (§ 16 SGB IV) kann zusätzliche Einnahmen, beispielsweise aus Vermietung und Verpachtung, einschließen. Die Berechnung des Gesamteinkommens erfolgt somit durch die Zusammenführung aller Einkunftsarten. Vorhandenes Vermögen findet hierbei keine Berücksichtigung.
Bei der Ermittlung des Gesamteinkommens bleiben steuerliche Abzüge, wie beispielsweise der Kinderfreibetrag, unberücksichtigt. Dennoch existieren verschiedene Möglichkeiten, Ausgaben geltend zu machen und somit das Einkommen zu verringern.
Die Ermittlung des Gesamteinkommens ist stets eine individuelle Prüfung, weshalb Sie sich von einem:r Steuerberater:in beraten lassen sollten, falls Sie vom Sozialamt zur Offenlegung Ihres Einkommens aufgefordert werden.
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Elternunterhalt: Korrekte Berechnung
Kinder sind ab einer jährlichen Bruttogrenze von 100.000 Euro dazu verpflichtet, Unterhalt für ihre pflegebedürftigen Eltern zu leisten. Dieser Artikel erläutert, wie der Unterhaltsanspruch ermittelt wird und in welchem Maße Kinder zur Deckung der ungedeckten Heimkosten beitragen müssen.
Welche Auskunftspflichten bestehen?
Auskunftspflicht der Eltern: Um Gewissheit darüber zu erlangen, ob und in welcher Höhe ein Unterhaltsanspruch der Eltern besteht, sind diese verpflichtet, gegenüber ihren Kindern sowie dem Sozialamt Informationen über ihre finanzielle Situation preiszugeben.
Auskunftspflicht der Kinder: Umgekehrt sind auch die Kinder zu Auskünften verpflichtet. Bei der Auskunftspflicht gegenüber dem Sozialamt ist die grundlegende Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 21. November 2024, Aktenzeichen B 8 SO 5/23 R, maßgeblich.
- Auskunft durch das unterhaltspflichtige Kind. Grundsätzlich gilt die gesetzliche Vermutung, dass diese jährliche Bruttogrenze nicht überschritten wird. Daher müssen konkrete Anhaltspunkte für eine Überschreitung dieser Einkommensgrenze vorliegen. Hierzu zählen beispielsweise Informationen aus dem Internet oder Erfahrungswerte für bestimmte Berufsstände. Erst bei einem solchen Verdacht oder Hinweis darf das Sozialamt spezifische Auskünfte über das Einkommen verlangen. Falls Sie eine solche begründete Aufforderung vom Amt erhalten, sind Sie zur Offenlegung Ihrer Einkünfte verpflichtet.
- Feststellung, dass die jährliche Bruttogrenze von 100.000 Euro überschritten wurde. Erst nach dieser Feststellung darf das Sozialamt, gemäß der genannten Entscheidung des Bundessozialgerichts, auch Auskünfte über das Vermögen einholen.
- Auskunftsverlangen gegenüber anderen Geschwistern, um den Anteil des unterhaltspflichtigen Kindes ermitteln zu können.
- Möglicherweise Angaben zum Einkommen Ihres Ehepartners. Obwohl der oder die Ehepartner:in nicht zum Elternunterhalt verpflichtet ist, muss das Sozialamt das Familieneinkommen und den Familienbedarf kennen, um den Umfang der Beteiligung am Pflegekostenaufwand berechnen zu können.
Können meine Eltern auf Zahlungen verzichten?
- Viele ältere Menschen möchten ihre Kinder nicht finanziell belasten und verzichten daher darauf, Elternunterhalt einzufordern. Diese Entscheidung steht ihnen jedoch nicht frei, wenn sie für Pflegeleistungen, die sie nicht selbst aufbringen können, staatliche Unterstützung in Anspruch nehmen müssen. Eltern können ihre Kinder in solchen Fällen nicht von der Unterhaltspflicht entbinden. Der Staat ist gehalten, den Unterhalt einzufordern, wenn der Nachwuchs unterhaltspflichtig ist.
- Ebenso sind Abfindungen oder sonstige Vereinbarungen, welche Unterhaltsansprüche mindern, nicht rechtsgültig.
- Ein Verzicht auf Elternunterhalt ist lediglich dann zulässig, wenn sich bei den Eltern aus früheren Unterhaltszahlungen Rücklagen gebildet haben.
Wie haften mehrere Geschwister?
Wie bereits in Schritt Drei dargelegt, werden alle Geschwister bei der Berechnung berücksichtigt, sofern eines der Kinder nachweislich die jährliche Bruttogrenze von 100.000 Euro überschreitet. Gemäß dem Familienrecht sind alle Geschwister anteilig, entsprechend ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse, für den Unterhalt ihrer Eltern verantwortlich.
Die anteilige Berechnung des Unterhalts ist für das Sozialamt jedoch nur möglich, wenn die Einkommensverhältnisse aller Kinder bekannt sind. Aus diesem Grund müssen die übrigen Geschwister zwangsläufig dem Sozialamt Auskunft über ihr Einkommen geben. Anschließend werden die finanziellen Kapazitäten der Kinder ermittelt und prozentual aufgeteilt; es erfolgt keine einfache Teilung durch die Anzahl der Kinder. Wenn also der nicht unterhaltspflichtige Bruder theoretisch 30 Prozent des Unterhalts tragen könnte, muss die unterhaltspflichtige Schwester 70 Prozent des errechneten möglichen Unterhalts leisten.
Wichtig: Die anteilige Unterhaltszahlung muss letztlich nur das Kind leisten, dessen jährliches Bruttoeinkommen die Grenze von 100.000 Euro überschreitet.
Diese Inhalte wurden von der Gemeinschaftsredaktion in Kooperation mit der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz für das Netzwerk der Verbraucherzentralen in Deutschland erstellt.