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Schulterluxation Physiotherapie Übungen

Schulterluxation

Das Schultergelenk, ein Kugelgelenk, entsteht aus dem Oberarmkopf und der Gelenkpfanne des Schulterblattes. Die Gelenkpfanne ist im Vergleich zum Oberarmkopf verhältnismäßig klein (etwa halb so groß) und bietet somit nur geringen knöchernen Halt. Die knöcherne Gelenkfläche wird durch den Kapsel-Band-Apparat etwas erweitert, erst die umgebende Muskulatur gewährleistet eine ausreichende Stabilität.

Das Schultergelenk, unser beweglichstes Gelenk, ist folglich auch am anfälligsten für Verrenkungen (= Luxationen). Ein Sturz oder ein Schlag auf den Arm kann bereits zu dieser häufigen Verletzung führen.

Die physiotherapeutische Behandlung zielt darauf ab, die Beweglichkeit zu verbessern, den Oberarmkopf in der Gelenkpfanne zu zentrieren, das muskuläre Gleichgewicht und die Kraft der umliegenden Muskulatur wiederherzustellen. Die Therapie basiert auf einer gründlichen Untersuchung; abhängig von den Ergebnissen wird ein individueller Therapieplan erstellt.

Im Folgenden finden Sie einen möglichen Therapieverlauf für die Rehabilitation. Die Übungen dienen als Beispiel und sollten von einem erfahrenen Therapeuten angeleitet und angepasst werden.

Nachfolgend sehen Sie einen weiteren möglichen Verlauf der Rehabilitation. Die Übungen sind exemplarisch und erfordern die Anleitung und Anpassung durch einen erfahrenen Therapeuten.

Phase I (0-3 Wochen)

Schmerzen, Bewegungseinschränkungen und starke Muskelanspannung kennzeichnen diese Anfangsphase. Der Physiotherapeut kann hier mit Methoden wie Bindegewebsmassage, Triggerpunkt-Behandlung und Mobilisationen arbeiten. Aktive Übungen im koordinativen Bereich sind anwendbar - z.B. mit 10 Wiederholungen in 3 Serien ohne maximale Belastung.

Aktive Übungen:
Muskelverspannungen lösenMan kann Muskelverspannungen auch selbst mit einem Tennisball bearbeiten. Den Ball zwischen Rücken/Schulter und Wand rollen. Häufig betroffen sind hierbei M. Trapezius, M. Infraspinatus und M. Levator scapulae.
Backextension mit Rotation > Rumpfstabilität und -kraft
Der Unterkörper liegt bis zur Hüfte auf. Der Oberkörper wird langsam und gleichmäßig abgesenkt. Bei der Rückkehr wird der Oberkörper abwechselnd nach links und rechts gedreht.
(siehe http://www.youtube.com/watch?v=atCiMLbfcrA)
Schulterheben (Schrugs) > Tonusnormalisierung des M. Trapezius descendens
Die Schultern werden zu den Ohren angehoben und langsam abgesenkt - die Ellbogen bleiben gestreckt und hängen locker herab. Mit Gewichten kann die Übung verstärkt werden.
Außenrotation in Seitenlage > Kräftigung und Koordination des M. Infraspinatus
In der Seitenlage (nicht betroffene Seite) wird der Ellbogen um 90° gebeugt und am Körper abgestützt. Die Hand liegt zunächst auf der Liege/Matte und wird langsam vom Boden weggeführt. Der Ellbogen bleibt dabei am Rumpf.Alternative: Mit einem Theraband kann die Übung auch im Sitzen oder Stehen durchgeführt werden.

 

Phase II (3-13 Wochen)

Die akute Schmerzphase ist vorbei. Die Mobilität wird fortgeführt. Kapsel- und Bandstrukturen werden durch manuelle Mobilisationen behandelt. Besonders wichtig ist nun das Training der aktiven Stabilität.

Aktive Übungen:
Stütz auf instabilen Unterlagen > KoordinationSobald Stützbewegungen im Vierfüßlerstand möglich sind, können die Hände auf instabilen Unterlagen wie z.B. einem Kreisel platziert werden und das Körpergewicht balanciert werden.
Straight-arm-Benchpress > Kräftigung und Koordination des M. Serratus anterior
In Rückenlage werden die gestreckten Arme rhythmisch nach oben und unten bewegt. Mit Gewichten (Hantelstange) wird die Übung intensiviert.
Bendover-Barbell-Row > Schulterblattfixation (Pivoters)
Ausgangsposition: Kniebeuge mit gebeugtem Oberkörper. Mit einer Hantelstange wird nach oben gezogen, bis die Schulterblätter nahezu aufeinander treffen.
Scaption Raise > Zusammenspiel M. Deltoideus und Rotatorenmanschette
Mit einem geringen Gewicht und gestrecktem Ellbogen wird der Arm in Schulterhöhe angehoben. Die Armbewegung ist erst einmal auf 45° begrenzt. Achten Sie auf die korrekte Schulterblattposition. (Am besten mit 2 Spiegeln kontrollieren).
Innenrotation in Seitenlage > Kräftigung und Koordination des M. Subscapularis
In der Seitenlage (betroffene Seite) wird der gebeugte Ellbogen (90°) am Körper abgestützt. Die Hand liegt auf der Liege/Matte und wird langsam vom Boden weggeführt. Der Ellbogen bleibt dabei am Rumpf.Alternative: Mit einem Theraband kann die Übung auch im Sitzen oder Stehen durchgeführt werden.

 

Phase III (13-17 Wochen)

Die gesteigerte Schulterbeweglichkeit muss aktiv erhalten und stabilisiert werden. Für die Rumpf- und Schulterblattmuskulatur kann nun intensiveres Krafttraining beginnen (z.B. Rudern, Kniebeugen, Schulterheben, Bankdrücken). Die Wiederholungsanzahl steigt auf 15, das Training ist nun intensiver und mit maximaler Erschöpfung. Das Gewicht muss entsprechend angepasst werden. Gleichzeitig beginnt das Training der Propellermuskulatur (z.B. Pull-over).

Aktive Übungen:
Flexibar/Schwingstab > Zusammenspiel Innen- und AußenrotationDer Schwingstab wird in unterschiedlichen Positionen bewegt, dabei langsam an die Bewegungsgrenzen herangeführt.
Alternative: Übung auf einem Pezziball zur Koordination
Scaption Raise auf bis zu 80° steigern > optimiertes Zusammenspiel der Muskelgruppen
Frontpress/Military Press > Kräftigung Eine Hantel oder Kurzhanteln werden vor dem Körper gehalten und nach oben gehoben.
Pullover > Kräftigung von M. Pectoralis major, M. Latissimus dorsi
In Rückenlage Arme nach hinten/unten (schmerzfrei) abgelassen, zunächst gestreckt, dann gebeugt um dann wieder nach oben und vorne gebracht zu werden. Eine Hantel kann hierbei mit beiden Händen gehalten werden.siehe auch https://www.youtube.com/watch?v=jgTUR4VF7cA

 

Phase IV (17-20 Wochen)

Das Krafttraining für Rumpf, Schulterblatt und Rotatorenmanschette wird weiter erhöht (mehr Gewicht, weniger Wiederholungen (8-12 Wiederholungen maximal). Zusätzlich wird ein Koordinationstraining in der geschlossenen Kette unter Vorermüdung durchgeführt.

Pullover und Flys erfolgen weiterhin koordinativ (ohne maximale Belastung 15 Wiederholungen x 3 Serien).

Aktive Übungen:
Pullover > Beweglichkeit und Kraft M. Pectoralis major, M. Latissimus dorsi
im Stehen bis zur maximalen Beweglichkeit
Flys > Kräftigung M. Pectoralis major, M. Latissimus dorsiIn Rückenlage werden die Arme 90° gebeugt und parallel vom Körper gehalten. Dann werden parallel die Arme mit geringem Gewicht nach oben geführt und wieder abgesenkt.
Wurf-ABC > Koordination und KraftVerschiedene Wurftechniken werden zunächst mit beiden Armen, dann einarmig durchgeführt.

 

Phase V ab der 20. Woche

Nun erfolgt der Transfer in den Alltag und das sportliche Training, abhängig von den individuellen Zielen des Patienten. Alle Übungen dienen nun dem intensiven Krafttraining. Die Geschwindigkeit bei Übungen wie dem Pullover kann nun variiert werden, vom konzentrischen Beschleunigen zum exzentrischen Bremsen. Spezifische Wurfbewegungen werden mit Innen- und Außenrotation trainiert.

 

Zusammenfassung:

Eine kurze Übersicht über die richtige Reihenfolge und Schwerpunkte bei der Erstellung eines Schulter-Reha-Programms.

Preparatoren:Muskeln der unteren Extremität und des Rumpfes
Pivoters:Schulterblattmuskulatur: M. Rhomboideus, M. Serratus anterior, M. Trapezius asc.
Protectores:Rotatorenmanschette (M. Infraspinatus, M. Supraspinatus, M. Subscapularis, M. Teres minor) + M. Biceps brachii
Positioners:M. Deltoideus, M. Supraspinatus
Propellors:M. Pectoralis major + M. Latissimus dorsi

Die Rehabilitation sollte immer von proximal nach distal erfolgen. Ziel ist die Wiederherstellung der gesamten kinetischen Kette. Ein muskuläres Gleichgewicht der Kräftepaare garantiert eine gute Zentrierung.

 

Literatur:
Bant, Harald / Haas, Hans-Josef /Ophey, Martin / Steverding, Mike (2011). Sportphysiotherapie. Stuttgart / New York: Thieme.
Bant , Harald / Orphey, Martin (2013). ESP-Schulterrehabiliation Skriptum
Diemer, Frank / Sutor, Volker (2007). Praxis der medizinischen Trainingstherapie. Stuttgart / New York: Thieme.

 

Alle Informationen finden Sie hier als PDF: Schulterluxation