Lispeln: Ab wann ist eine logopädische Behandlung ratsam?
Sigmatismus (Lispeln)
Ein Sigmatismus (umgangssprachlich Lispeln) manifestiert sich oft im Kontext einer unzureichenden Koordination der Gesichtsmuskulatur (myofunktionelle Beeinträchtigung), kann jedoch auch ein Anzeichen für eine gravierendere Problematik sein (beispielsweise Down-Syndrom, Sprachentwicklungsverzögerung). Erkennbar ist die Aussprache der S-Laute als "th", ähnlich dem Englischen, sowie durch das sichtbare Hervortreten oder das Drücken der Zunge gegen die Zähne. Diese spezielle Art der Artikulation kann im Verlauf der normalen Sprachentwicklung auftreten, sollte jedoch spätestens zum Zeitpunkt der Einschulung überwunden sein. Die Behandlung des Lispeins erfolgt durch Logopäden, wobei die korrekte Artikulation der S-, Z- und X-Laute auf spielerische Weise erlernt wird. Die Mitwirkung der Eltern spielt eine entscheidende Rolle bei der Durchführung der Therapie.
Etwa 13,5 % aller Kinder im Altersbereich von 4 bis 6 Jahren zeigen Artikulationsprobleme, wie beispielsweise das Lispeln. Da die S-, Z- und X-Laute zu den letzten und komplexesten Lauten gehören, die ein Kind im Zuge seiner Sprachentwicklung erlernt, ist es im Kindergartenalter vergleichsweise üblich, dass diese Laute fehlerhaft gebildet werden.
Wenn das Lispeln als isoliertes Störungsbild auftritt und keine weiteren sprachlichen oder sprechmotorischen Schwierigkeiten vorliegen, ist oft eine myofunktionelle Störung der Auslöser für die Artikulationsprobleme. Hierbei arbeiten die Muskeln im Gesicht - Zungen-, Lippen- und Wangenmuskulatur - nicht optimal zusammen. Übt die Zunge einen zu starken Druck aus, können sich auch Zahnfehlstellungen entwickeln, die dann möglicherweise das Tragen einer Zahnspange erforderlich machen. Der durch die fehlerhafte Zungenposition verursachte offene Biss beeinträchtigt die korrekte Aussprache zusätzlich.
Auf der anderen Seite können aber auch Eltern oder Geschwister, die selbst lispeln, die Sprachentwicklung des Kindes als Vorbilder negativ beeinflussen.
Zudem existieren Störungsbilder, bei denen Artikulationsstörungen wie das Lispeln ebenfalls auftreten können, jedoch nicht das primäre Problem darstellen:
- Fehlbildungen im Mundbereich (z.B. Lippen-Kiefer-Gaumenspalte)
- Beeinträchtigungen des Hörvermögens (z.B. Taubheit, Schwerhörigkeit)
- Motorische Beeinträchtigungen (z.B. verbale Entwicklungsdyspraxie)
- Neurologische Erkrankungen (z.B. frühkindliche Hirnschädigung)
- Entwicklungsstörungen der geistigen Fähigkeiten (z.B. Down-Syndrom)
Die Anzeichen von Sigmatismus sind in der Regel leicht zu identifizieren:
- Inkorrekte S-Laute: Die S-Laute werden ähnlich dem englischen "th" artikuliert.
- Falsche Positionierung der Zunge: Bei der Artikulation von S-Lauten tritt die Zunge vorne oder seitlich zwischen den Zähnen hervor.
Der Verlauf des Lispeins ist individuell verschieden; einige Kinder erlernen die korrekte Aussprache relativ schnell, andere benötigen mehr Zeit. Wenn Artikulationsstörungen im Zusammenhang mit schwerwiegenderen Erkrankungen auftreten, sind mitunter auch langsamere Fortschritte zu beobachten. Bleibt das Lispeln unbehandelt - eine Therapie ist in der Regel ab einem Alter von etwa vier Jahren möglich - kann es bis ins Erwachsenenalter bestehen bleiben.
Eltern, Bekannte, Erzieher oder der behandelnde Kinderarzt sind meist die ersten Personen, die auf Artikulationsstörungen aufmerksam werden. Die Diagnose wird von einem Logopäden gestellt, der während spontaner Gespräche das Lispeln erkennt und spielerisch überprüft, inwieweit das Kind in der Lage ist, S-Laute korrekt zu produzieren.
Wenn eine myofunktionelle Störung vorliegt, arbeitet der Logopäde zunächst mit dem Kind daran, das muskuläre Gleichgewicht wiederherzustellen. Durch gezielte Übungen werden die Lippen gestärkt und der korrekte "Zungenschlafplatz" wird trainiert (die Zungenspitze sollte sich leicht hinter den oberen Schneidezähnen befinden), sodass die Zunge keinen Druck mehr auf die Zähne ausübt. Darüber hinaus muss überprüft werden, ob das Kind Schwierigkeiten hat, korrekte von fehlerhaften S-Lauten zu unterscheiden.
Der Logopäde nähert sich den S-Lauten langsam und spielerisch mit dem Kind: Es wird zunächst das Zischen einer Schlange imitiert, anschließend wird das S in Silben integriert, später in Wörtern, wobei das S an unterschiedlichen Positionen innerhalb des Wortes geübt wird. Danach wird das S in Sätzen verwendet, die sich anfangs nur durch ein einzelnes Wort unterscheiden. Im weiteren Verlauf der Therapie werden die Sätze zunehmend komplexer, bis schließlich die korrekte Aussprache der S-Laute in der spontanen Sprache des Kindes trainiert wird. Dabei wird mit Karten oder anderen Hilfsmitteln auf spielerische Art und Weise an die korrekte Artikulation der S-Laute erinnert, bis sich die korrekte Artikulation so gefestigt hat, dass das Kind das S auch ohne bewusste Anstrengung korrekt ausspricht.
Die Erziehungsberechtigten spielen bei der logopädischen Behandlung eine essenzielle Rolle. Sie sollten darauf achten, dass sie mit ihrem Nachwuchs regelmäßig zu Hause die in den Sitzungen vereinbarten Übungen wiederholen. Falls Zahn- oder Kieferfehlstellungen vorliegen (z. B. ein offener Biss), sollte zusätzlich ein Kieferorthopäde konsultiert werden, um die Notwendigkeit einer Korrektur zu beurteilen.
- Interview mit Susanne Meixner, Logopädin, datiert vom 14.07.2014
- Deutscher Bundesverband für Logopädie e.V.: Artikulationsstörungen (Stand: 14.08.2014)
- Deutscher Bundesverband für Logopädie e.V.: Funktionelle orofaziale Störungen (Myofunktionelle Störungen) (Stand: 14.08.2014)
- Lehrbuch der Sprachheilpädagogik und Logopädie, Band 2: Erscheinungsformen und Störungsbilder, herausgegeben von M. Grohnfeldt, Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart, Jahr 2001
- Lehrbuch der Sprachheilpädagogik und Logopädie, Band 3: Diagnostik, Prävention und Evaluation, herausgegeben von M. Grohnfeldt, Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart, Jahr 2002
- Phonologische Störungen bei Kindern: Diagnostik und Therapie, verfasst von T. Jahn, Georg Thieme Verlag, Stuttgart, Jahr 2001
- Leitlinien zur Diagnostik und Therapie von psychischen Störungen im Säuglings-, Kindes- und Jugendalter: Umschriebene Artikulationsstörungen (Phonologische Störungen), herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie u.a., Deutscher Ärzte Verlag, 3. überarbeitete Auflage, Jahr 2007, AWMF-Registernr. 028/035 (Stand: 14.08.2014)
Medizinische Überprüfung:
Datum der medizinischen Informationen:
Baden in natürlichen Gewässern: Potentielle Risiken
Das Baden in natürlichen Gewässern erfreut sich im Sommer großer Beliebtheit. Es gibt jedoch einige Aspekte, die berücksichtigt werden sollten.
Harnwegsinfektion
Typische Symptome einer Harnwegsinfektion umfassen Brennen und Schmerzen beim Wasserlassen, verstärkten Harndrang sowie Schwierigkeiten, den Urin zu halten.
Hautpflege im Sommer
Sowohl die Haut als auch die Haare benötigen in der wärmsten Jahreszeit eine besonders intensive Pflege.
Instagram
Hier finden Sie eine Übersicht von Artikeln zu unseren Instagram-Beiträgen.
Hinteres Tarsaltunnelsyndrom
Das Tarsaltunnelsyndrom wird - im Vergleich zum Karpaltunnelsyndrom - als eine Engpasserkrankung im Bereich des Knöchels beschrieben.
Herzmuskelentzündung
Wer eine schwere Erkältung oder Grippe nicht vollständig auskuriert, riskiert eine schwerwiegende Schädigung des Herzens. Eine unbemerkte Herzmuskelentzündung kann zu chronischer Herzinsuffizienz oder sogar zum plötzlichen Herztod führen.