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BAföG für Schülerinnen und Schüler im fortgeschrittenen Alter

Häufig gestellte Fragen zum BAföG

Berechtigung für BAföG bei Aufnahme eines Studiums nach dem 45. Lebensjahr

2. Alterslimite überschritten: Ausnahmefälle, in denen eine BAföG-Unterstützung dennoch in Betracht kommt

a) Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung über den zweiten Bildungsweg

Die Gewährung von BAföG ist auch dann möglich, wenn jemand nach der Vollendung des fünfundvierzigsten Lebensjahres ein grundständiges Hochschulstudium (Erststudium) beginnt, vorausgesetzt, die hierfür erforderliche Zugangsberechtigung wurde auf dem zweiten Bildungsweg - beispielsweise an einer Fachoberschule (welche eine vollständige Berufsausbildung verlangt), einem Abendgymnasium oder einem Kolleg u. Ä. - erlangt und die darauf folgende Ausbildungssequenz fand lückenlos statt (siehe hierzu die zukünftige Fassung [bislang nicht veröffentlicht!] des § 10 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 und Satz 3 BAföG).

Dies impliziert die Notwendigkeit, das Studium umgehend nach dem Erreichen der Hochschulzugangsberechtigung aufzunehmen, und ebenso zügig nach dem Erlangen des Bachelors mit einem Masterstudium zu starten. Eine Einschreibung in ein Masterstudium erst nach dem fünfundvierzigsten Geburtstag hindert die Förderungsfähigkeit demnach nicht (gemäß VwV 10.3.1).

Ohne Verzug impliziert, dass die objektiv nächstbeste Gelegenheit ergriffen werden muss, um die intendierte Ausbildung zu beginnen, selbst wenn diese am bevorzugten Standort nicht realisierbar ist.

Unsere Nachforschungen legen nahe, dass diese juristische Interpretation (Auslegung der Vorschriften) in den meisten Bundesländern so gehandhabt wird. Dennoch lässt sich nicht ausschließen, dass die Situation speziell in dem von euch präferierten Bundesland abweicht; insbesondere könnte die altersbedingte Beschränkung für Masterstudiengänge dort doch Relevanz besitzen. Folglich möchten wir euch dringend raten, vorab relevante Informationen einzuholen. Hierzu ist ein interessanter Fall zu nennen:

Im Jahr 2014, genauer am 22. September, erließ das Oberverwaltungsgericht Hamburg (Aktenzeichen 4 Bf 200/12) einen Beschluss, der einem Studierenden Recht zusprach. Dieser hätte prinzipiell, auch bei einer landesweiten Bewerbungssuche, seine akademische Ausbildung bereits zum Sommersemester beginnen können, bestand jedoch explizit auf dem Studiengang Wirtschaftsinformatik an der Hamburger Universität, welcher ausschließlich im Wintersemester startet.

Zwar fand der Studienantritt in diesem Sachverhalt nicht ohne Verzug statt, dennoch wurde es als unverhältnismäßig betrachtet, dem Studierenden die BAföG-Unterstützung zu entziehen. Andernfalls wäre er nämlich gegenüber jenen BAföG-Beziehern benachteiligt worden, die stattdessen - zwecks Überbrückung des Sommersemesters - zunächst ein sogenanntes Parkstudium absolviert hätten. Das bedeutet, sie hätten sich an der Universität Hamburg für ein beliebiges Studienfach inskribiert, um nach einem Semester einen Wechsel zum präferierten Studiengang zu vollziehen.

Der klagende Studierende (Kläger) hatte diesen Umweg (des Parkstudiums) bewusst nicht gewählt und sich somit aus hochschulrechtlicher Sicht vernünftig verhalten. Obendrein konnte er davon ausgehen, dass er einen Studienplatz zum Wintersemester erhalten würde, da seine Abiturnote 2,7 betrug und der Numerus Clausus (NC) für Wirtschaftsinformatik in den Jahren zuvor 3,2 beziehungsweise 3,1 erreichte.

Sollte einer der nachstehend aufgeführten Gründe dich daran hindern, die objektiv nächstbeste Gelegenheit zur Aufnahme der Ausbildung zu ergreifen, so gilt das Kriterium der Unverzüglichkeit auch dann als erfüllt, wenn du die unmittelbar darauffolgende Möglichkeit nach dem Entfallen des Hinderungsgrundes wahrnimmst.

b) Hochschulstudium ohne allgemeine Hochschulreife

Wurde ein Studienplatz (Hochschulzugang) ausschließlich aufgrund deiner beruflichen Qualifikation, also ohne traditionell schulisch erworbene Hochschulzugangsberechtigung („Studium ohne Abitur'), erlangt, ist eine BAföG-Förderung ungeachtet der überschrittenen Altersgrenze ebenso denkbar (siehe § 10 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1a BAföG). Erfolgt die Aufnahme eines Masterstudiums unmittelbar (wie bereits unter Punkt 2a ausgeführt) nach dem erfolgreichen Bachelorabschluss, so ist es unschädlich, wenn bei dessen Beginn das fünfunddreißigste Lebensjahr bereits überschritten wurde. Diese Regelung leitet sich aus VwV 10.3.1 ab.

c) Masterstudium (Folgestudium)

Eine Förderung für ein Masterstudium kann in Frage kommen, wenn dieses unmittelbar (analog der Definition von „unverzüglich' weiter oben) an einen zuvor durch BAföG geförderten Bachelorstudiengang anschließt und „das fünfundvierzigste Lebensjahr während eines zuvor abgeschlossenen Bachelor- oder Bakalaureusstudiengangs vollendet [wurde]' (dies ist ein wortgetreues Zitat aus dem Gesetzestext in der durch die 27. BAföG-Novelle geänderten Fassung).

d) Aufbauende Hochschulausbildung gemäß § 7 Absatz 2 Nummer 2 oder 3 BAföG

Hinsichtlich einer weiterführenden Hochschulausbildung gemäß § 7 Absatz 2 Nummer 2 oder 3 BAföG kann trotz Überschreitung der Altersgrenze eine BAföG-Förderung in Anspruch genommen werden, wenn die fortführende Ausbildung unverzüglich (wie zuvor erläutert) nach dem Erwerb der Zugangsvoraussetzungen begonnen wird (siehe § 10 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1b und Satz 3 BAföG). Welche Studiengänge als weiterführende Hochschulausbildung gelten, ist im entsprechenden Artikel zur Förderungsfähigkeit detailliert dargelegt.

Zur Kenntnisnahme: Seit der 26. BAföG-Novelle, die im Jahre 2019 in Kraft trat, wird in diesen Sachverhalten anstelle eines zinspflichtigen Bankdarlehens die übliche Förderungsart (nämlich ein Zuschuss von fünfzig Prozent und ein Staatsdarlehen von fünfzig Prozent) gewährt 😀

e) Private und familiär bedingte Hindernisse

Für viele Menschen stellt nicht nur die berufliche Entwicklung vor dem fünfundvierzigsten Geburtstag ein zentrales Thema dar, sondern ebenso die Gestaltung der Familie. Der Gesetzgeber trägt dem unter anderem insofern Rechnung, als eine BAföG-Förderung auch jenseits der Vierundvierzig möglich ist, falls persönliche oder familiär bedingte Umstände daran gehindert haben, die Ausbildung vor dem 45. Geburtstag aufzunehmen (gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 BAföG). Dies betrifft vorrangig jene, die aufgrund von Kinderbetreuung ihre Bildungswege verschieben mussten.

Durch die pauschale Anhebung der Altersgrenze - vormals bis Juli 2022 bei 30 Jahren (Master: 35 Jahre) liegend - auf nunmehr 45 Jahre, ist nicht auszuschließen, dass zukünftig bestimmte Ausnahmen restriktiver gehandhabt werden könnten. Auch wenn zu hoffen ist, dass eine solche Entwicklung ausbleibt, empfiehlt es sich dennoch: Wer eine Wahlmöglichkeit besitzt, sollte eine unnötige Verzögerung besser vermeiden.

Die Betreuung und Erziehung von Kindern bis zum vollendeten vierzehnten Lebensjahr muss lediglich die Aufnahme des gegenwärtigen Bildungsweges vor dem fünfundvierzigsten Geburtstag verhindert haben. Es ist demnach unschädlich, wenn du während dieser Kindererziehungsphase bis zu dreißig Stunden wöchentlich einer Erwerbstätigkeit nachgegangen bist.

Alleinerziehenden war es in der Regel gestattet, in höherem Umfang erwerbstätig zu sein, da davon ausgegangen wird, dass sie dadurch den Bezug von Grundsicherungsleistungen vermeiden konnten.

Selbst nicht-alleinerziehende Personen können sich unter Umständen auf diese Bestimmung berufen, falls sie ausschließlich deshalb über dreißig Stunden arbeiten mussten, um den Bezug von Sozialleistungen gänzlich zu verhindern oder zumindest zu mindern. Ein hierzu passender Eilentscheid erging jedenfalls im Dezember 2012 vom OVG Hamburg (Az. 4 Bs 200/12), wonach einem verheirateten Mann BAföG zu gewähren war, obwohl er erst mit über dreißig Jahren eine Ausbildung aufnahm und mehr als dreißig Stunden beruflich tätig war, wobei die Kinderbetreuung des gemeinsamen Nachwuchses augenscheinlich vorwiegend durch die Ehepartnerin erfolgte.

Die akademische Ausbildung muss nach dem Wegfall des hindernden Umstands unverzüglich (gemäß den Erläuterungen in Abschnitt 2a) aufgenommen werden. Wird im Anschluss an den Bachelorabschluss ebenfalls ohne Verzug ein Masterstudium begonnen, so ist es irrelevant, wenn bei dessen Start bereits das fünfundvierzigste Lebensjahr überschritten wurde. Dies ist im neuen Gesetzestext ausdrücklich festgehalten.

f) Signifikante Änderung der persönlichen Lebensumstände

Wenn du beispielsweise aufgrund einer Scheidung oder des Todes deines Ehepartners bedürftig geworden bist und noch keine BAföG-förderungsfähige Ausbildung beendet hast, kannst du dennoch, trotz überschrittener Altersgrenze, BAföG beziehen (vgl. § 10 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 und Satz 3 BAföG). Unter "Bedürftigkeit" wird hier verstanden, dass du über kein einzusetzendes Vermögen im Sinne des § 90 SGB XII verfügst und dein monatliches Einkommen die gemäß § 85 SGB XII relevante Einkommensgrenze nicht übersteigt. Auch hier gilt abermals: Das Studium muss umgehend nach dem Eintreten der Bedürftigkeit begonnen werden (siehe hierzu Punkt 2a). Solltest du danach unverzüglich nach dem Bachelorabschluss ein Masterstudium aufnehmen, so ist es unschädlich, wenn du bei Studienbeginn des Masterstudiums bereits über 45 Jahre alt bist. Dies ist im neuen Gesetzestext explizit vermerkt.

Betrachtungen abseits des Hochschulstudiums

Die Altersbegrenzung von fünfundvierzig Jahren gilt (findet Anwendung) ebenso für die finanzielle Unterstützung anderer Ausbildungswege durch BAföG. Wer diese Altersgrenze überschritten hat, kann allerdings unter der Bedingung, dass eine der zuvor (unter den Punkten 2e oder 2f) erwähnten Voraussetzungen gegeben ist, weiterhin gefördert werden.

Sollte jemand ein Abendgymnasium, eine Abendhaupt- oder Abendrealschule besuchen, beim Anbruch des jeweiligen Ausbildungsabschnitts über fünfundvierzig Jahre alt sein/gewesen sein, die oben genannten Bedingungen nicht erfüllen und folglich aus diesem Grund keine BAföG-Förderung erhalten, so besteht im Falle der Hilfebedürftigkeit die Möglichkeit, Bürgergeld zu beantragen (gemäß § 7 Abs. 6 Nr. 3 SGB II).

Andere Schülerinnen und Schüler, deren finanzielle Unterstützung aufgrund der Altersbegrenzung nicht gewährt werden konnte, hatten einst im Rahmen der Härtefallregelung des § 27 SGB II unter Umständen die Option, Bürgergeld zu beantragen. Obwohl dies prinzipiell weiterhin möglich ist, wird es seit der Anhebung der BAföG-Altersgrenze auf fünfundvierzig Jahre im Jahr 2022 (sowie der Einführung weiterer Ausnahmen, die eine Förderung auch in fortgeschrittenem Alter ermöglichen) schwieriger sein, einen solchen Antrag durchzusetzen. Ausführlichere Informationen finden sich im Bürgergeld-Artikel.