Kostenübernahme für Unterkieferprotrusionsschienen durch die TK
Ab dem Jahr 2022 wird die Kostenübernahme für Schnarchschienen von den deutschen gesetzlichen Krankenversicherungen gewährleistet. Allerdings wurde diese Leistung seitens der Kassen an spezifische Bedingungen gebunden.
Wird die Schnarchschiene von der Krankenkasse bezahlt?
Herr Heinz W., ein gesetzlich versicherter Patient, ist von Schlafapnoe betroffen. Zur Bekämpfung seiner nächtlichen Atemaussetzer wurde ihm eine CPAP-Behandlung, die mit leichtem Überdruck arbeitende Beatmung, verschrieben. Die CPAP-Therapie beendete er jedoch schon nach kurzer Anwendung, weil sich bei ihm unter der Gesichtsmaske ein Gefühl von Platzangst (Klaustrophobie) entwickelte. Stattdessen beabsichtigt er nun, eine Schnarchschiene für die nächtliche Anwendung zu gebrauchen.
Bis vor Kurzem waren Patienten, wie auch Herr Heinz W., gezwungen, die Kosten ihrer Schnarchschienen eigenständig zu begleichen; eine Rückerstattung (Kostenübernahme) geschah nur in seltenen Ausnahmefällen. Weil Schnarchschienen allgemein als eine effektive Behandlungsmethode bei Schlafapnoe gelten, geriet diese bisherige Erstattungspraxis bereits seit geraumer Zeit in die öffentliche Diskussion.
Ab dem Jahr 2022 werden die Kosten für Schnarchschienen von den gesetzlichen Krankenkassen jedoch unter Berücksichtigung dreier Hauptvoraussetzungen übernommen:
Erforderliche Diagnose: Obstruktive Schlafapnoe
Es ist zwingend erforderlich, dass bei dem betreffenden Patienten eine obstruktive Schlafapnoe (OAS) festgestellt wird, welche therapiebedürftig ist, das bedeutet, sie muss einen medizinisch relevanten Krankheitswert besitzen. Eine Kostenübernahme für Schnarchschienen durch die Krankenkassen wird nicht erfolgen, sofern lediglich harmloses Schnarchen ohne begleitende Atemaussetzer registriert wird. Dies trifft in der realen Anwendung (oder: in der Praxis) sehr oft auf Personen zu, die lediglich schnarchen. In solchen Fällen obliegt die Bezahlung der Schnarchschiene weiterhin der Eigenverantwortung des Patienten.
Praxistipp: Sollten Sie nachts stark schnarchen und sich tagsüber fortwährend erschöpft oder energielos fühlen, ist es ratsam, sich auf das Vorliegen einer Schlafapnoe hin untersuchen zu lassen.
CPAP-Behandlung: Nicht erfolgreich umsetzbar
Nach Ansicht der gesetzlichen Krankenversicherungen bleibt die CPAP-Therapie (oder: Überdruckbeatmung) der unveränderte Goldstandard der Behandlung. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten für Schnarchschienen als Kassenleistung demnach ausschließlich dann, wenn, wie es in der entsprechenden Richtlinie verankert ist, „die CPAP-Therapie (die Standardbehandlung) nicht erfolgreich realisierbar ist.'
Damit ist gemeint, dass die Behandlung mittels Schnarchschiene lediglich eine sogenannte Zweitlinientherapie darstellt; das heißt, ihre Anwendung ist der CPAP-Therapie (der Primärtherapie) nachgeordnet.
Die Formulierung dieses Beschlusses gewährt dem verschreibenden Arzt allerdings (oder: nichtsdestotrotz) einen beträchtlichen Beurteilungsspielraum. Schließlich fordert sie nicht zwingend (oder: unbedingt), dass die CPAP-Therapie in der Praxis tatsächlich ohne Erfolg angewendet wurde. Es wird folglich bereits ausreichen, wenn der behandelnde Mediziner zu der Überzeugung gelangt, dass diese Therapie (die CPAP-Therapie) von vornherein (oder: von Anfang an) als aussichtslos (oder: als zwecklos) einzuschätzen ist. Dies ist beispielweise anzunehmen, wenn der Patient die CPAP-Therapie (die Primärbehandlung) energisch verweigert oder etwaige Klaustrophobie (Raumangst) beschreibt.
Derart umfassender Entscheidungsspielraum wurde für den therapierenden Arzt vom zuständigen Beschlussgremium bewusst etabliert (oder: geschaffen). In der Begleitdokumentation zum Beschluss hob das Gremium hervor, dass die gewählte Formulierung keinerlei Einschränkungen vornehme und die finale Entscheidungsbefugnis beim behandelnden Arzt liege.
Praxistipp: Lehnt ein Patient die CPAP-Therapie eindeutig ab, wird der behandelnde Arzt in der klinischen Praxis (oder: im Praxisalltag) häufig eine Unterkieferprotrusionsschiene verschreiben. Auf diese Weise (oder: Demzufolge) avanciert die Therapie mit der Unterkieferprotrusionsschiene innerhalb der gängigen Erstattungspraxis faktisch zu einer gleichrangigen Behandlungsalternative zur CPAP-Therapie.
Ausschließlich zahnärztlich angefertigte Schnarchschienen erstattungsfähig
Die Krankenkassen übernehmen die Kosten ausschließlich für maßgefertigte Schnarchschienen, welche durch den Zahnarzt präzise an das individuelle Gebiss angepasst und in ihrer Vorschubposition eingestellt werden. Im Gegensatz dazu werden maschinell (oder: industriell) gefertigte Schienen, bekannt als boil & bite-Schienen, nicht von den Kassen übernommen. Trotzdem werden boil & bite-Schienen (oder: die vorgefertigten Schienen) im praktischen Alltag (oder: in der medizinischen Praxis) oft und gerne für einen ersten, schnellen Test genutzt, um zu prüfen, ob eine Schnarchschiene dem Patienten grundsätzlich (oder: überhaupt) von Nutzen sein kann. Der Grund hierfür ist, dass sie - im Gegensatz zu den individuell angepassten Varianten - binnen weniger Minuten passgenau an das Gebiss adaptiert und somit unmittelbar einsatzfähig sind. Die Bezahlung obliegt in diesem Fall allerdings dem Patienten selbst.
Herausfordernde Koordination zwischen Schlafexperten und zahnärztlichem Personal
Um für Herrn Heinz W. die Kostenübernahme seiner Schnarchschiene durch die Krankenkasse zu realisieren, ist das Absolvieren eines komplexen Austauschprozesses (eines sogenannten 'Ping-Pong-Verfahrens') zwischen Zahnmedizinern auf der einen und Schlafmedizinern auf der anderen Seite unerlässlich. Eine anfängliche Schwierigkeit in der praktischen Umsetzung bestand darin, dass diese beiden medizinischen Fachbereiche (Zahnärzte und Schlafmediziner) bisher nur wenige gemeinsame Berührungspunkte (oder: Schnittstellen) in ihrer ärztlichen Tätigkeit aufwiesen.
Der Ablauf beginnt prinzipiell bei dem Mediziner, welcher die Schlafapnoe feststellt und zudem berechtigt ist, diese Diagnose gegenüber der Krankenkasse abzurechnen. Im Praxisalltag sind dies in aller Regel Ärzte, die die Zusatzbezeichnung „Schlafmedizin' führen. Dieser Mediziner fertigt anschließend die notwendige Verordnung für die Therapie der Schlafapnoe mittels einer Schnarchschiene aus, die in der medizinischen Nomenklatur auch als Unterkieferprotrusionsschiene bekannt ist.
Im nächsten Schritt wählt der Patient einen Vertragszahnarzt aus, der die Versorgung mit einer individuell gefertigten Schnarchschiene gewährleisten kann. Bei einem ersten zahnärztlichen Termin wird zunächst ein Abdruck des Gebisses des Patienten genommen. Auf dieser Grundlage wird daraufhin von einem Zahntechniker eine maßgeschneiderte Schnarchschiene hergestellt. Im darauffolgenden zweiten Termin wird die Schiene präzise an das Gebiss des Patienten adaptiert und die nötige Vorschubposition justiert. Die genaue Einstellung der Vorschubstärke erfolgt in enger Abstimmung zwischen dem Schlafmediziner und dem zuständigen Zahnarzt.
In einem weiteren Termin wird dann durch den Schlafmediziner geprüft, ob die eingestellte Vorschubposition eine ausreichende Wirksamkeit für die Behandlung der Schlafapnoe aufweist. Ein gängiger praktischer Ansatz hierfür besteht darin, dass der Patient ein mobiles Schlafapnoe-Diagnosegerät für die Nutzung im häuslichen Umfeld erhält. Zu Hause wird dann gemessen, ob beim Tragen der Schnarchschiene weiterhin pathologische Atemaussetzer auftreten (oder: ob noch krankhafte Atemaussetzer bestehen).
Sollte dies zutreffen, muss eine erneute Anpassung (oder: Nachjustierung) der Schnarchschiene erfolgen. Die Durchführung dieser notwendigen Nachjustierung obliegt jedoch nicht dem behandelnden Schlafmediziner, sondern dem zuständigen Zahnarzt. Die Kontrolle der ausreichenden Wirksamkeit dieser Nachjustierung wiederum wird erneut vom Schlafmediziner durchgeführt und keineswegs vom Zahnarzt.
Rückerstattung durch die Krankenversicherung
Seit dem Jahr 2022 besteht für gesetzlich Versicherte die Möglichkeit, dass die Aufwendungen für eine Schnarchschiene unter bestimmten, klar definierten Voraussetzungen von ihrer Krankenkasse übernommen werden.
Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn tatsächlich eine behandlungsbedürftige Schlafapnoe (eine schlafbezogene Atmungsstörung) existiert, sprich, wenn das Schnarchen auch mit Atemaussetzern (Atempausen) assoziiert ist. Erst dann wird ein Krankheitsbild anerkannt, dessen Therapiekosten die Krankenversicherung potenziell übernehmen kann. Handelt es sich hingegen um bloßes Schnarchen, das heißt Schnarchen ohne jegliche Atemaussetzer, so werden die Kosten weder von den gesetzlichen noch von den privaten Krankenversicherungen getragen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass gesetzliche Krankenkassen die Kosten für Schnarchschienen unter drei Hauptvoraussetzungen übernehmen (vertiefende Informationen finden Sie an dieser Stelle):
- Eine therapiebedürftige obstruktive Schlafapnoe wurde von einem kassenärztlich zugelassenen Schlafmediziner diagnostiziert, welcher daraufhin die Behandlung mit einer Schnarchschiene angeordnet hat.
- Die obstruktive Schlafapnoe lässt sich nicht erfolgreich mit einer Überdrucktherapie (der sogenannten CPAP-Therapie) behandeln, beispielsweise, weil der Patient infolge von Platzangst (Klaustrophobie) nachts keine CPAP-Maske nutzen kann oder möchte.
- Es ist zwingend erforderlich, dass es sich um eine maßgeschneiderte Schnarchschiene handelt, welche von einem Vertragszahnarzt angepasst und regelmäßig überprüft wird. Im Gegensatz dazu sind industriell hergestellte (sogenannte boil & bite-) Schienen von der Kostenübernahme durch die Krankenkasse ausgeschlossen.
Dr. Daniel Grätz
Dr. Daniel Grätz fungiert als Geschäftsführer der health.On Ventures GmbH, einem etablierten deutschen Online-Anbieter für Schnarchschienen, und steht Kunden in diesem Bereich seit einer Vielzahl von Jahren mit seiner Expertise beratend zur Seite.