Muzinöses zystadenom pankreas
Zystische Geschwülste
Zystische Geschwulstbildungen im Pankreas
Die zystischen Transformationen (Anomalien) im Pankreas gewinnen aktuell zunehmend an Relevanz und können eine Vielzahl von Gründen aufweisen. Sogenannte Pseudozysten, welche sich primär infolge Pankreasentzündungen entwickeln können, müssen von den tumorös-zystischen Neoplasien explizit differenziert werden. Zystische Geschwulstbildungen werden oftmals mithilfe unserer mittlerweile optimierten bildgebenden Verfahren - wie Endosonographie, Computertomographie und Magnetresonanztomographie - bei der Untersuchung anderer Beschwerden als unvorhergesehene Entdeckung erkannt. Dennoch können, konträr zu Zysten, die in weiteren Organen wie der Leber oder den Nieren vorkommen, jene im Pankreas weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen. Der momentane Forschungsstand belegt, dass benigne zystische Neoplasien sich im Laufe der Zeit zu malignen Geschwulsten, sprich Krebs, entwickeln können, was vergleichbar mit der Situation bei den Dickdarmpolypen ist (sogenannte Polyp-Adenom-Karzinom-Sequenz). Die Inzidenz zystischer Geschwulste wird in Obduktionsbefunden mit bis zu fünfzig Prozent beziffert und steigt mit fortschreitendem Lebensalter kontinuierlich an.
Für die Befunderhebung kommen üblicherweise die Computertomographie (CT) des Bauches sowie die Magnetresonanztomographie (MRT) zum Einsatz, wobei eine ergänzende Visualisierung der Bauchspeicheldrüse und der Gallenwege (MRCP) erfolgt. Des Weiteren vermag die Endosonographie - ein endoskopischer Ultraschall im Zuge einer Gastroskopie - entscheidende Erkenntnisse liefern. Im Hinblick auf die sogenannte bösartige Transformation - die Ausbildung und Präsenz von Karzinomen - werden entweder spezifische Marker im Blut (CA 19-9, CEA) oder aber deren Konzentrationen im Zystensekret ermittelt.
Unter Zuhilfenahme der Anamnese, des Geschlechts, des Lebensalters sowie der beiden diagnostischen Modalitäten - CT und MRCP - ist es dem erfahrenen Spezialisten für Pankreaschirurgie möglich, bei den betroffenen Individuen eine eindeutige Klassifizierung der zystischen Pankreasgeschwulste vorzunehmen. Die spezifische Behandlungsstrategie orientiert sich an der Kategorisierung der zystischen Neoplasien. Gemäß dem derzeitigen Stand der Forschung können Läsionen, deren Ausmaß weniger als einen Zentimeter beträgt, einer intensiven Überwachung unterzogen werden. Ein Großteil der Geschwulste muss indes infolge des teils beträchtlichen Risikos einer malignen Transformation chirurgisch exzidiert werden.
Die zuvor dargestellte Illustration vermittelt unsere gesammelten Erkenntnisse hinsichtlich der Merkmale der Patienten und des Risikos einer bösartigen Transformation bei zweihundertdrei Individuen mit tumorösen zystischen Geschwulsten im Pankreas.
a. Seröses Zystadenom oder Zystadenokarzinom
Serös-zystische Neoplasien der Bauchspeicheldrüse produzieren ein sogenanntes seröses (dünnflüssiges) Sekret, das dünnflüssig ist. Diese treten gehäuft bei weiblichen Personen auf - nämlich in siebzig bis achtzig Prozent der Fälle - sowie bei Patienten, die das sechzigste Lebensjahr überschritten haben. In drei bis zwölf Prozent der untersuchten Befunde ist schon eine maligne Geschwulst, das sogenannte Zystadenokarzinom, präsent. Innerhalb unseres Patientenstamms konnte bei sieben Prozent der operierten Individuen ein Karzinom (bösartiger Tumor) nachgewiesen werden. Dennoch stellt diese spezifische Form der zystischen Geschwulst jene mit dem geringsten Risiko einer malignen Transformation dar. Sie sollten trotzdem, sobald Symptome manifest werden, eine Volumenzunahme erfolgt oder eine Dimension von mehr als drei Zentimetern erreicht wird, chirurgisch entfernt werden. Für diese Geschwulste genügt jedoch unter Umständen eine bloße Enukleation der Läsion.
Schematische Darstellung eines serösen Pankreaszystadenoms im Bereich des Kopfes der Bauchspeicheldrüse.
b. Muzinöses Zystadenom oder Zystadenokarzinom (MCN)
Muzinös-zystische Neoplasien produzieren - im Kontrast zu den serösen Anomalien - ein sogenanntes muzinöses (zähflüssiges) Sekret, das eine zähflüssige Konsistenz aufweist. Weibliche Personen sind mit einem Anteil von bis zu achtzig Prozent die meistbetroffene Patientengruppe. Ferner liegt das mittlere Alter der Betroffenen bei vierzig Jahren, was signifikant unter dem der übrigen zystischen Geschwulste liegt. Ungefähr neunzig Prozent dieser Neoplasien manifestieren sich im Korpus- oder Kaudalbereich des Pankreas und demonstrieren bei der Befunderhebung keinerlei Konnektion zum Gangsystem des Pankreas. Die muzinösen Zystadenome, welche als benigne Geschwulste eingestuft werden, weisen einen fließenden Übergang zu sogenannten Borderline-Tumoren auf - hierbei handelt es sich um Läsionen, die eine Tendenz zur Malignität zeigen - bis hin zum Zystadenokarzinom, einer malignen Geschwulst. Bei dreißig bis vierzig Prozent der Fälle, die wir in unserem Kollektiv erfasst haben, ist bei den Betroffenen schon ein Karzinom existent. Aus diesem Sachverhalt resultiert, dass diese Geschwulste ausnahmslos exzidiert und eine sogenannte onkologische Resektion - welche einen adäquaten Sicherheitsrand und die Entnahme von Lymphknoten einschließt - vorgenommen werden muss, um ein erneutes Auftreten von Neoplasien zu verhindern. In Anbetracht der Tatsache, dass die Neoplasie oft im Kaudalbereich des Pankreas lokalisiert ist, stellt die Pankreaslinksresektion hier den gängigsten chirurgischen Eingriff dar, der gegebenenfalls mit oder ohne simultaner Splenektomie erfolgt.
Schematische Darstellung eines muzinösen Pankreaszystadenoms im kaudalen Abschnitt der Bauchspeicheldrüse, unmittelbar angrenzend an die Milz
c. Intraduktal-papillär-muzinöse Neoplasie (IPMN)
Die intraduktal-papillär-muzinösen Neoplasien, welche vormals als intraduktal-papillär-muzinöse Tumoren bezeichnet wurden, ihren Ursprung im Epithel des Pankreasganges - der Auskleidung innerhalb der Drüsengänge der Bauchspeicheldrüse - und zeichnen sich durch ein intrakanalikuläres Wachstum aus, wobei sie, analog zu den muzinösen Geschwulsten unter Punkt b), ein muzinöses Sekret mit visköser Konsistenz absondern. Bei dieser Kategorie zystischer Läsionen ist die männliche Population in einem Verhältnis von zwei zu eins öfter involviert als die weibliche. Ihre maximale Prävalenz weisen diese Neoplasien im Lebensabschnitt zwischen sechzig und siebzig Jahren auf. Rund achtzig Prozent dieser IPMN-Fälle sind im Pankreaskopf lokalisiert. Jedoch manifestiert diese Geschwulst mitunter auch ein sogenanntes multifokales Wachstum, das heißt, es tritt an diversen Lokalisationen gleichzeitig in Erscheinung. Analog zu den muzinösen Geschwulsten (MCN) vollzieht sich auch bei den intraduktal-papillär-muzinösen Neoplasien eine Progression vom Adenom, welches eine benigne Geschwulst darstellt, über einen intermediären Borderline-Tumor hin zu einem Karzinom, sprich, einer malignen Entität - dies gleicht der bekannten Adenom-Karzinom-Sequenz, wie sie bei Dickdarmpolypen beobachtet wird.
Für diese Läsionen existiert darüber hinaus eine zusätzliche Klassifikation basierend auf ihrem Ursprung: Es wird unterschieden zwischen Main-Duct-IPMN - welche vom Hauptpankreasgang ausgehen - oder Side-Branch-IPMN, die ihren Ursprung in den Seitengängen haben, oder Mischformen, bei denen sowohl der Hauptgang als auch die Seitengänge affektiert sind. Im gesamten betrachtet, wird in sechzig bis siebzig Prozent der untersuchten Fälle unseres Kollektivs zum Zeitpunkt des chirurgischen Eingriffs bereits ein malignes Karzinom festgestellt. Angesichts der Tatsache, dass Geschwulste, welche ihren Ursprung im Hauptgang nehmen, ein höheres Potential zur malignen Transformation besitzen, ist deren chirurgische Entfernung stets indiziert, und es sollte - ähnlich wie bei MCN - eine onkologische Resektion durchgeführt werden, die einen hinreichenden Sicherheitsabstand samt Lymphknotenentnahme umfasst. Weil diese Neoplasien vornehmlich im kranialen Pankreasabschnitt auftreten, wird in der Regel eine pyloruserhaltende Pankreaskopf-Resektion, auch bekannt als pyloruserhaltende Whipple-Operation, vorgenommen. In gewissen Situationen, zum Beispiel wenn der gesamte Hauptpankreasgang affektiert ist oder sich multiple Geschwulste manifestieren (multifokales Wachstum), erweist sich eine vollständige Exzision der Bauchspeicheldrüse, sprich, eine Pankreatektomie, als zwingend. Die IPMN-Formen, welche aus den Seitengängen entspringen (Side-Branch-IPMN), bergen ein geringeres Potenzial zur malignen Transformation. Allerdings ist es ratsam, diese - vergleichbar mit serösen Geschwulsten - einer chirurgischen Intervention zu unterziehen, falls Schmerzen auftreten, eine Vergrößerung erkennbar wird oder ihre Ausdehnung etwa drei Zentimeter beträgt.
Schematische Darstellung für A) Hauptgang-IPMN, B) Seitengang-IPMN.
d. Solider pseudopapillärer Pankreastumor (genannt Frantz-Tumor)
Diese Neoplasie ist extrem rar, manifestiert sich vornehmlich bei weiblichen Patienten im jungen Alter und bedarf einer chirurgisch-onkologischen Resektion. An dieser Stelle sei auf unsere aktuellste zusammenfassende Veröffentlichung in der Fachzeitschrift für Gastroenterologie hingewiesen. >>Die besagte Publikation können Sie hier einsehen.
Schematische Darstellung eines Frantz-Tumors im Korpus der Bauchspeicheldrüse.
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